Wie oft erleben wir, dass wir auf eine Einladung hin zum Neinsagen tendieren, aber letztendlich sagen wir doch zu?
Ganz egal, um was für eine Einladung es sich dabei handelt – ob zu einem Videoabend, einem gemeinsamen Abendessen, einem Konzert oder zur Happy Hour nach dem Feierabend. Da unsere Welt von sozialen Verpflichtungen und ständiger Vernetzung geprägt ist, gibt es unzählige Anlässe, in denen unsere Präsenz gefragt ist. Und obwohl viele von uns sowieso schon das Gefühl haben, viel zu wenig Zeit für Erholung und die Dinge zu haben, die uns wirklich wichtig sind, kann es eine echte Herausforderung sein, solche Einladungen auszuschlagen.
Doch eine neue Studie, durchgeführt von Julian Givi und Colleen P. Kirk, macht Hoffnung. Danach wird es nämlich unter gewissen Voraussetzungen durchaus akzeptiert, Einladungen auszuschlagen. Eine frohe Botschaft für all diejenigen, einfach einmal fernab des allgemeinen Trubels zur Ruhe kommen wollen oder die auch gerne mal andere Dinge tun, wie alleine spazieren gehen, lesen, Sport treiben oder sich weiterbilden.
Was sagt die Forschung?
Die Studie unterscheidet sich alleine schon dadurch von vielen anderen, dass keine Universitäts-Studierenden befragt wurden, deren Note von einer Beteiligung abhing. In diesem Fall wurden fünf Studien durchgeführt, in denen insgesamt 2076 Personen befragt wurden, deren Altersschnitt (um genau zu sein: der Alters-Median) zwischen 35,7 (Studie 2) und 43,1 (Studie 5) Jahre betrug.
Die Forscher stellten fest, dass sich diejenigen, die eine Einladung ausschlagen wollen, meist viel mehr Sorgen machen als nötig. Oft fühlen sie sich schuldig und fürchten, dass sie Familienmitglieder, ihren Freundeskreis oder Bekannte durch das Neinsagen verärgern oder gar verletzen könnten. Sie haben Angst, die andere Person zu enttäuschen oder ihr das Gefühl zu geben, dass sie sich nicht für sie interessieren. Außerdem haben viele Menschen Angst, nicht mehr eingeladen zu werden, wenn sie einmal eine Einladung ablehnen. So haben auch in der Untersuchung 77% der Teilnehmenden eine Einladung akzeptiert, obwohl sie lieber absagen wollten. Dabei haben sie stark überschätzt, wie sehr eine Absage die andere Person verärgern würde. Ein „Nein“ schadet der Beziehung also sehr viel weniger, als wir denken.
Wie lässt es sich erklären, dass Neinsagen im Allgemeinen akzeptiert wird?
Oftmals nehmen wir an, andere würden sich mehr Gedanken über unsere Handlungen machen als über unsere Intention. Wir gehen also davon aus, dass unser Gegenüber nur die Absage sieht und sich darüber ärgert. Dabei berücksichtigt die andere Person aber in der Regel vielmehr, welche Gedanken wir uns vor der Absage gemacht haben.
Was heißt das genau? Die Person, die uns eingeladen hat, sieht eine Absage normalerweise nicht als Beleidigung oder Ablehnung an. Im Gegenteil, sie versetzt sich in unsere Situation und versucht, die Absage zu verstehen. Dabei hilft es natürlich, wenn wir ihr einen Grund geben – ein einfaches „Nein“ wird verständlicherweise als brüskierend oder kränkend empfunden. Außerdem zeigte eine weitere Untersuchung (Donelly et al., 2021), dass es eher akzeptiert wird, wenn man als Begründung angibt, kein Geld für eine Aktivität wie Essengehen oder ein Theaterbesuch zu haben, als wenn man sich auf reinen Zeitmangel beruft. Was ja auch Sinn ergibt, denn Zeitmangel als Begründung heranzuziehen, heißt für die andere Person: Du bist mir die Zeit nicht wert.
Was sollten wir beim Neinsagen bedenken?
Ganz wichtig ist es, zu bedenken, dass gute Beziehungen stark zu unserem Glücksempfinden beitragen. Zeit miteinander zu verbringen, dient der Beziehungspflege. Man sollte diese Forschungsergebnisse also nicht als Grund nehmen, künftig jede Einladung auszuschlagen. Das würde den Beziehungen zu anderen mehr schaden als nutzen.
Fühlt man sich aber gerade zu ausgelaugt, gestresst oder hat schon etwas anderes vor, braucht man sich vor dem Neinsagen nicht zu fürchten. Dabei sind Fingerspitzengefühl und Ehrlichkeit gefragt. Hier sind ein paar Tipps, wie du das Ergebnis dieser Studie in deinem eigenen Leben umsetzen kannst:
- Ehrlich sein
Eine ehrliche Begründung für die Absage ist der Schlüssel. Es ist wichtig, dass die andere Person versteht, warum du nicht mit dabei sein kannst. Sei es, weil du bereits andere Verpflichtungen hast, zu gestresst bist oder einfach Zeit für dich selbst brauchst. - Respektvoll sein
Formuliere die Absage freundlich und respektvoll. Zeige, dass du die Einladung schätzt, aber aus persönlichen Gründen nicht teilnehmen kannst. - Im Voraus planen
Wenn du weißt, dass du eine Einladung erhalten wirst, die du ausschlagen möchtest, plane im Voraus, was du sagen wirst. Eine gut durchdachte Begründung ist oft überzeugender als eine spontane Ausrede. Das soll nicht heißen, dass du dir eine Lüge ausdenken sollst, sondern dass es hilft, dir darüber bewusst zu werden, weshalb du die Einladung ausschlagen möchtest. - Eine Alternative anbieten
Wenn du dich bei der Art von Veranstaltung unwohl fühlst, zu der du eingeladen wurdest, biete eine alternative Möglichkeit an, wie zum Beispiel ein Treffen zu einem anderen Zeitpunkt. Damit zeigst du der anderen Person, dass sich deine Absage nicht auf sie bezieht und dass sie dir wichtig ist. - Nicht zu hart mit sich selbst sein
Es ist völlig in Ordnung, ab und zu eine Einladung abzulehnen. Denke daran, dass deine eigenen Bedürfnisse genauso wichtig sind wie die anderer!
Quellenangaben:
Donnelly, G. E., Wilson, A. V., Whillans, A. V., & Norton, M. I. (2021). Communicating resource scarcity and interpersonal connection. Journal of Consumer Psychology, 31(4), 726–745.
Givi, J., & Kirk, C. P. (2023). Saying no: The negative ramifications from invitation declines are less severe than we think. Journal of Personality and Social Psychology. Advance online publication.
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