Das PERMA-Modell von Martin Seligman erklärt, weshalb manche Menschen selbst dann in ihrer inneren Mitte zu ruhen scheinen, wenn um sie herum ein Sturm tobt, während andere schon vom kleinsten Windstoß umgeworfen werden.
Findest du, dass dir ein bisschen mehr innere Balance nicht schaden könnte? Dann lies weiter und lass dich inspirieren!
Was ist das PERMA-Modell?
Hinter dem PERMA-Modell steckt Martin Seligman, der Vater der Positiven Psychologie. Er hat es im Jahr 2011 in seinem Buch Flourish (auf Deutsch: Flourish: Wie Menschen aufblühen) erstmals beschrieben. Es sagt aus, dass es in unserem Leben nicht darum geht, jederzeit glücklich zu sein. Vielmehr geht es darum, ein erfülltes Leben zu führen. Ein solches Leben ruht nach Seligman auf fünf Säulen, die ich im Folgenden Wohlfühlfaktoren (aus dem Englischen „well-being elements“) nenne:
- Positive Emotionen: Glück und Zufriedenheit empfinden
- Engagement: In seiner Tätigkeit versinken
- Relationships: Erfüllende zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen und leben
- Meaning: Sinn im Leben finden
- Accomplishments: Ziele erreichen und Erfolge feiern
Jeder dieser Wohlfühlfaktoren hat drei Elemente:
- Er trägt zu einem erfüllten Leben bei.
- Er ist für sich selbst erstrebenswert, das heißt wir streben nicht danach, um dadurch einen der anderen Wohlfühlfaktoren zu befriedigen.
- Er ist unabhängig von den anderen Faktoren, das heißt, wenn sich die Ausprägung des Faktors ändert, ändern sich dadurch nicht auch die anderen Faktoren.
Das PERMA-Modell bietet einen ganzheitlichen Ansatz für das, was wir als erfülltes Leben empfinden. Danach ist Glück nicht einfach nur ein flüchtiger, zufälliger Zustand, sondern etwas, das wir aktiv fördern können. Ein Blick auf die einzelnen Wohlfühlfaktoren zeigt, was wir selbst dafür tun können, um in unsere innere Mitte zu kommen.
P wie Positive Emotionen: Die Freude ins Leben lassen
Bei dieser Säule des PERMA-Modells geht es um die Emotionen, die zu unserer Lebenszufriedenheit beitragen. Dazu gehören Gefühle wie Freude, Dankbarkeit, Zufriedenheit, Interesse und Hoffnung.
Wer beim Blick in die Vergangenheit immer wieder von negativen Gefühlen eingeholt wird, kann diese oftmals durch das Kultivieren von Dankbarkeit und durch Vergeben in positive oder zumindest neutrale Gefühle umwandeln. Wer pessimistisch in die Zukunft schaut, kann sich eine optimistische Denkweise antrainieren. Und durch Achtsamkeit lassen sich im Hier und Jetzt positive Emotionen zu erzeugen.
Positive Emotionen erweitern unseren Denk- und Handlungsspielraum, fördern unsere Kreativität und stärken unsere Resilienz.
Wie bringst du mehr positive Emotionen in deinen Alltag?
- Höre entspannende Musik oder Musik, die du als angenehm empfindest. (Mehr dazu, wie sich Musik auf dein psychisches Wohlbefinden auswirkt, findest du hier.)
- Bringe deinen Körper in Bewegung. (Finde hier heraus, wie Tanzen sich nicht nur positiv auf unsere Emotionen auswirkt, sondern warum es auch gut für unser Gehirn ist und sogar einen Einfluss auf Demenz nehmen kann.)
- Gehe nach draußen und erkunde die Gegend.
- Verbringe Zeit mit Menschen, die dir wichtig sind.
- Führe ein Dankbarkeitstagebuch: Notiere dir mindestens drei Wochen lang jeden Abend drei Dinge, die dir an diesem Tag passiert sind und für die du dankbar bist. Dann (und das vergessen die meisten Quellen zu erwähnen) schreibe auf, was du dazu beigetragen hast.
- Gehe einen Schritt weiter und schreibe einen Dankbarkeitsbrief – wie das geht, erfährst du hier.
Denk daran: Es geht nicht darum, negative Emotionen zu unterdrücken. Das ist so wichtig, dass es dazu es einen eigenen Artikel gibt. Vielmehr ist es wichtig, eine gesunde Balance zu finden und die positiven Momente bewusst wertzuschätzen.
E wie Engagement: In den Flow-Zustand kommen
Engagement im Sinne des PERMA-Modells bezieht sich auf den Zustand des „Flow“. Du kennst das sicher: Du bist so vertieft in eine Aktivität, dass du völlig die Zeit vergisst. Das ist Flow!
Dieser Zustand entsteht, wenn wir etwas tun, bei dem wir unsere Stärken voll zum Einsatz bringen und unsere gesamte Aufmerksamkeit auf diese Tätigkeit richten. Wir konzentrieren uns nicht mehr darauf, welche Wirkung wir auf andere haben oder ob das, was wir fabrizieren, gut ist oder nicht. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, befinden wir uns im Hier und Jetzt und gehen vollkommen in dieser Tätigkeit auf. Es ist ein Zustand höchster Konzentration und Erfüllung.
In den Flow-Zustand können wir bei den unterschiedlichsten Tätigkeiten gelangen: Beim Musizieren, beim Lesen oder Schreiben, beim Sport, bei der Gartenarbeit, beim Puzzeln, bei einem guten Gespräch und bei so vielem mehr!
Wie kannst du den Flow-Zustand fördern?
- Identifiziere deine Stärken: Was fällt dir leicht? Was macht dir wirklich Spaß?
- Suche Herausforderungen: Finde Aufgaben, die dich fordern, aber nicht überfordern.
- Eliminiere Ablenkungen: Schaffe eine Umgebung, die es dir erlaubt, dich voll zu konzentrieren.
R wie Relationships: Beziehungen pflegen
Wir Menschen sind soziale Wesen und gute, tiefe Beziehungen sind ein Schlüssel zu unserem Wohlbefinden. Ein starkes soziales Netzwerk trägt entscheidend zu unserer Gesundheit bei – es hilft uns, Stress abzubauen und stärkt unsere emotionale Widerstandsfähigkeit. Dabei geht es weniger um die Quantität, als vielmehr um die Qualität unserer Beziehungen.
Zugehörigkeitsgefühl, also das Gefühl, Teil einer Gruppe oder mit einem anderen Menschen tief verbunden zu sein, ist eines unserer Grundbedürfnisse. Früher war der Verband mit anderen Menschen überlebenswichtig. Das erklärt auch, weshalb es so wichtig für uns ist, eine gute Beziehung zu Freund*innen, Kolleg*innen, Familie und Partner oder Partnerin zu haben. Dazu kommt, dass Erfahrungen, die wir machen, erst durch andere Menschen für uns bedeutungsvoll, verstärkt oder auch gemildert werden. Nicht umsonst heißt es „geteiltes Leid ist halbes Leid“ und „geteilte Freude ist doppelte Freude“. Und wie viel schöner ist es, Erfolge mit anderen zu teilen, als sie ganz alleine zu feiern? Ganz zu schweigen davon, dass Beziehungen unserem Leben einen Sinn verleihen und eine größere Bedeutung geben können.
Fähigkeiten wie Mitgefühl, Empathie, Wohlwollen, Zusammenarbeit, aber auch unsere Liebesfähigkeit helfen uns, starke Beziehungen aufzubauen.
Wie kannst du deine Beziehungen pflegen?
- Übe aktives Zuhören: Höre anderen wirklich zu, ohne sie zu unterbrechen oder zu urteilen. Dieser Artikel verrät dir, wie es geht.
- Zeige Wertschätzung: Drücke deine Dankbarkeit und Anerkennung für andere aus.
- Kontaktiere jede Woche oder alle zwei Wochen eine Person, mit der du schon länger nicht mehr geschrieben oder gesprochen hast. Du könntest dazu beispielsweise die Kontaktliste auf deinem Handy durchgehen.
- Investiere Zeit: Qualitätszeit mit Freunden und Familie ist eine Investition in dein Wohlbefinden. Auch wenn alle immerzu beschäftigt sind, die meisten kommen mit Freude dem Vorschlag nach, sich mal wieder zu treffen.
Denk daran: Auch die Beziehung zu dir selbst ist wichtig. Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl sind ebenso bedeutsam wie unsere Verbindungen zu anderen und bilden den Grundstein für unsere Fähigkeit, anderen wohlwollend und liebend zu begegnen.
M wie Meaning: Dem Leben einen Sinn geben
Die Säule „Meaning“ im PERMA-Modell bezieht sich darauf, wie viel Sinn und Bedeutung wir in unserem Leben finden. Der Wunsch nach Sinn zählt genauso wie der Wunsch nach Bindung und Zugehörigkeit zu den psychischen Grundbedürfnissen. Die meisten von uns stellen sich im Laufe ihres Lebens die Sinn-Fragen: Wo komme ich her? Warum bin ich hier, was ist meine Berufung? Wo gehe ich hin?
Doch was ist es, das unserem Leben Sinn gibt? Nach Martin Seligman geht es dabei darum, Teil von etwas Größerem zu sein oder etwas Größerem zu dienen. Dabei ist der Sinn des Lebens für jeden Menschen individuell und abhängig vom persönlichen Wertesystem. Für manche liegt der Sinn in der Familie, für andere in der Arbeit, im religiösen oder spirituellen Glauben oder im Dienst an der Gemeinschaft.
Wer seine Berufung gefunden hat, lebt und arbeitet auf ein größeres Ziel hin, findet also Bedeutung im Tun und dadurch Motivation und Freude daran, weiterzumachen.
Wie findest du deinen persönlichen Lebenssinn?
- Reflektiere über deine Werte: Was ist dir wirklich wichtig im Leben? Wie kannst du das mehr in dein Leben integrieren?
- Setze dir klare Ziele: Wenn du weißt, was dir im Leben wirklich wichtig ist, leite davon Ziele ab und arbeite auf sie hin.
- Setze dich für eine gute Sache ein: Engagiere dich für etwas, das dir am Herzen liegt. Wenn du das in der Gemeinschaft mit anderen tust, hast du den doppelten Effekt, auch das Element „Beziehungen“ mit abzudecken.
- Entwickle ein persönliches Lebensmotto: Formuliere ein Motto oder eine Lebensphilosophie, die deinen Sinn im Leben widerspiegelt und dich in schwierigen Zeiten motiviert.
- Schaffe etwas, das bleibt: Überlege, wie du die Welt ein bisschen besser machen kannst. Das muss nichts Materielles sein, sondern kann beispielsweise auch die Mitarbeit in einer Gruppe sein, die sich für ein nachhaltiges Ziel einsetzt.
A wie Accomplishment: Die kleinen und großen Erfolge feiern
Bei der Säule „Accomplishment“ im PERMA-Modell geht es darum, Ziele zu erreichen und persönliche Erfolge zu verzeichnen. Wichtige Themen in diesem Kontext sind: Fortschritte machen, Herausforderungen meistern und sich selbst weiterentwickeln.
Was hat das mit unserem persönlichen Wohlbefinden zu tun? Wenn wir ein Ziel erreichen, egal ob wir daran alleine oder gemeinsam mit einer Gruppe gearbeitet haben, bedeutet das, dass wir die Ausdauer hatten, am Ball zu bleiben und Herausforderungen zu überwinden. Das erfüllt uns mit Stolz, gibt uns das Gefühl, kompetent zu sein (in der Psychologie nennt man das Selbstwirksamkeit) und steigert unser Selbstbewusstsein. Es müssen gar nicht immer große Erfolge sein – auch kleine Schritte zählen und geben uns das Gefühl, voranzukommen.
Persönlich halte ich diesen Aspekt für den schwierigsten in Seligmans Modell. Seiner Ansicht nach erfüllen auch solche Personen diesen Teil des PERMA-Modells, die etwas einzig des Erfolgs wegen tun. Nun trägt es aber hauptsächlich zu unserem Wohlbefinden bei, wenn wir den Weg als Ziel sehen, also im Hier und Jetzt leben und nicht nur nach Befriedigung in der Zukunft suchen. Deshalb würde ich diesen Aspekt abmildern und sagen: Um in unsere innere Mitte zu kommen, sollte es uns hauptsächlich darum gehen, über uns hinauszuwachsen. Umso besser, wenn wir dann noch Erfolg dabei haben.
Wie stärkst du das „A“ im PERMA-Modell?
- Reflektiere deine vergangenen Erfolge: Was bist du bereits angegangen, das zum Erfolg geführt hat?
- Setze dir realistische Ziele: Große Träume sind gut, aber zerlege sie in machbare Schritte, die sowohl realistisch als auch herausfordernd sind.
- Visualisiere deinen Erfolg: Um motiviert und fokussiert zu bleiben, stell dir vor, wie es sich anfühlen wird, dein Ziel zu erreichen.
- Feiere deine Fortschritte: Feiere auch kleine Erfolge. Würdige es also auch, wenn du die Teilziele, deine „Meilensteine“ erreicht hast.
- Lerne aus Rückschlägen: Betrachte Fehler nicht als Niederlage, sondern als Gelegenheiten zum Wachstum.
Das PERMA-Modell in der Praxis
Das PERMA-Modell ist kein starres Regelwerk, an das du dich halten musst. Manche der Elemente haben für dich sicherlich eine größere Bedeutung als andere. Dennoch gibt das Modell einen Rahmen vor für die Dinge, die einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden haben. Hier sind einige praktische Schritte zur Integration in deinen Alltag:
- Selbstreflexion: Bewerte regelmäßig, wie es um die fünf PERMA-Elemente in deinem Leben steht.
- Setze Prioritäten: Konzentriere dich auf die Bereiche, bei denen du die größten Defizite siehst.
- Kleine Veränderungen: Beginne mit kleinen, machbaren Schritten in jedem Bereich.
- Sei geduldig: In seine innere Mitte finden ist ein Prozess, gib dir Zeit dafür.
- Bleib flexibel: Passe deine Strategien an, wenn sich deine Lebenssituation ändert.
Fazit: Das PERMA-Modell
Du siehst, das PERMA-Modell von Martin Seligman bietet dir verschiedene Instrumente, um dein Leben aktiv zu gestalten und mehr in deine innere Mitte zu finden. Ob du nun an deinen positiven Emotionen arbeitest, dich voll und ganz in deine Leidenschaften stürzt, deine Beziehungen pflegst, dich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens machst oder deine Ziele verfolgst und Erfolge feierst – jeder Schritt bringt dich deiner inneren Balance ein Stückchen näher.
Denk daran: Es geht nicht darum, in allen Bereichen perfekt zu sein, sondern darum, deine ganz persönliche Balance zu finden.